Impuls
Ich liebe den Herbst besonders. Das Laub fällt. Die Bäume lichten sich. Ihre
eigentliche Gestalt wird sichtbar. Wälder, Gärten, Alleen werden freier und klarer. Die Landschaft öffnet sich.
Es ist nicht viel Fantasie nötig, das eigene Schicksal und das der Bäume zusammenzusehen.
Sehen wir unser Schicksal in den Blättern, dann ist der Frühling, der folgen mag, für andere, nicht für uns. Wir sind entbehrlich, denn in der Tat: Was im Frühjahr neu aufbricht, ist nicht mehr das Laub, das im Herbst fiel.
Sehen wir aber das Geschick im Baum und nicht in den Blättern, dann deutet der Baum selbst, was mit uns geschieht. Dann wird der Herbst schön. Das Laubwerk nimmt die Farbe der Erde an und geht in die Erde ein. Es fällt wie ein Kleid.
Der Baum selbst aber gibt nicht nur die Blätter ab. Er holt seine Säfte zusammen. Er sammelt sich. Er ruht unter Nebel und Regen, Reif und Schnee, bis das neue Kleid sich um ihn legt.
Jörg Zink