Unser Institutionelles Präventions- und Schutzkonzept ‑2-
Während ich diesen Artikel schreibe, stehe ich noch unter dem Eindruck der Präventionsschulung der Katholischen Jugendagentur, die ich im Januar besucht habe. Neben rechtlichen Fragen und Definitionen, standen auch Fallbeispiele mit Diskussionen auf dem Programm. Wesentlich waren vor allem die Handlungsanweisungen, die sowohl im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, als auch beim Erkennen von Missbrauch zu befolgen sind. Zudem wurden Probleme dargestellt, die Betroffene haben. So müssen sich diese beispielweise im Schnitt an 8 Personen wenden, bis ihr Anliegen ernstgenommen wird. Aber auch die Strategien von Tätern wurden erörtert, die sich in diesem Video, welches in Zusammenarbeit von Zartbitter e.V. und dem DFB entstand, nachvollziehen lassen.
Im Umgang mit Kindern und Jugendlichen ist trotz vieler Bedenken durchaus noch Einiges möglich. Grundsätzlich wichtig aber ist immer, dass das Kind oder der*die Jugendliche aktiv ist. Wenn ein Kind stürzt, sich verletzt und weinend auf mich zukommt und in den Arm genommen werden möchte, darf ich das zulassen. Ich darf aber nicht von mir aus das Kind einfach in den Arm nehmen, weil ich glaube, dass ihm das helfen könnte. Wichtig dabei ist auf Gestik und Mimik zu achten. Kinder und Jugendliche sind sehr gut in der Lage deutlich zu signalisieren, dass gerade Grenzen überschritten werden. Und genau bei Missachtung dieser fängt der Missbrauch an.
Ich selbst empfand diese Veranstaltungen als wichtig und notwendig. Es geht nicht um „das darfst Du nicht und das auch nicht“. Im Zentrum steht die Sensibilisierung für dieses Thema. Aufmerksamkeit schaffen, die Wahrnehmung schärfen und Strategien lernen, um dem Missbrauch schon im Vorfeld vorzubeugen. Dabei auch immer einen kritischen Blick auf das eigene Handeln haben.
Es wurden mir Strukturen aufgezeigt, die entwickelt wurden, damit eine Vertuschung nicht mehr möglich ist. Es gibt immer eine nächsthöhere Stelle, an die ich mich im Bedarfsfall wenden kann. Hier geht es nicht um Theorien oder Konzepte, die auf dem Papier gut klingen. Hier geht es um praktische Anwendungen, die mir, der in der Kinder- und Jugendarbeit tätig ist, das Gefühl geben, dass ich die mir Anvertrauten schützen und für sie Partei ergreifen kann.
Ja, die Skandale, die die Kirche erschüttern, sind schrecklich und machen sprachlos. Oftmals sind es genau diese Themen, die sich in den Medien gut verkaufen lassen. Ich würde mir wünschen, dass auch die Präventionsarbeit zur Sprache gebracht wird. Die Kirche, beziehungsweise das arg gebeutelte Erzbistum Köln legen nicht die Hände in den Schoß. Hier wurden Maßnahmen und Strukturen geschaffen, die dem Missbrauch entgegensteuern sollen. Entweder, dass er im Vorfeld bereits verhindert werden kann. Oder eben mit Strukturen, die zur Aufklärung beitragen. Genau deshalb ist es wichtig, dass jede*r Gruppenleiter*in, jede*r Mitarbeiter*in, jede*r Katechet*in und jeder, der einem pastoralen Beruf nachgeht diese Schulung bekommt. Ganz gleich ob haupt‑, neben- oder ehrenamtlich. Denn nur dadurch kann es ermöglicht werden, dass die Kinder wieder zu uns kommen können.
Nicolai Esser
Bild by WithCharity / Pixabay