Im Heute glauben – Theologie in einer neuen Zeit / Teil 1
Am 6. April 2021, einem Dienstag, erreichte mich die traurige Nachricht, dass Hans Küng, einer der bedeutendsten katholischen Theologen des 20. Jahrhunderts, im Alter von 93 Jahren verstorben ist.
Sein Leben war geprägt von Glauben und Gottvertrauen, christlicher Hoffnung und dem Mut zur Wahrheit. Als begnadeter Theologe und priesterlicher Diener hielt er seinem Bruder und Herrn Jesus Christus bis an sein Lebensende die Treue. Unermüdlich und konsequent engagierte er sich für die Einheit der Christen und die Erneuerung der katholischen Kirche. Der 1928 in der Schweiz Geborene studierte in Rom und Paris Philosophie und Theologie. Ab 1960 lehrte er an der Tübinger Universität als Professor für Fundamentaltheologie. 1962 ernannte ihn Papst Johannes XXIII. zum Konzilsberater (1962 – 1965). 1963 wurde Hans Küng Professor für Dogmatik und Ökumenische Theologie sowie Direktor des Instituts für Ökumenische Forschung in Tübingen.
Hans Küng war ein Mann mit Zivilcourage. Ein Kämpfer. Sein Buch „Unfehlbar? Eine Anfrage“ (1970) kam der römischen Glaubenskongregation ungelegen und schlussendlich verfügte sie im Dezember 1979, dass dem Tübinger Theologieprofessor Hans Küng die kirchliche Lehrbefugnis (die „Missio canonica“) zu entziehen sei. Eine römische Machtdemonstration. Der Theologe Professor Karl Lehmann kommentierte dieses Ereignis mit folgenden Worten:
„Das ist ein rabenschwarzer Tag für die Theologie und für die ganze Kirche eine Krise.“
(Die sog. „Unfehlbarkeit“ des Papstes hat den Stellenwert eines Dogmas der Kirche und besagt, dass jeder Papst „unfehlbar“ sei, wenn er „ex cathedra“, also mit seiner höchsten Lehrgewalt, eine Sitten- oder Glaubenslehre verkünde. Hätte es Papst Pius IX. nie gegeben, gäbe es wohl bis heute keine päpstliche „Unfehlbarkeit“.)
Nun, Hans Küng blieb auch weiterhin theologisch aktiv. Er hielt an der Universität weiter Vorlesungen im Studium generale, lehrte als Direktor des von ihm gegründeten Ökumenischen Instituts, schrieb weiterhin theologische Fachliteratur, wirkte als Priester stets weiter und sprach als Anwalt christlicher Spiritualität und Humanität vor den Vereinten Nationen. Bei Studenten und Oberschülern war er ausgesprochen beliebt und anerkannt.
Heute lebt der geniale Theologe leider nicht mehr. Aber er hat seiner Kirche in schweren Zeiten durch viele Veröffentlichungen und Lehrtätigkeit für mich eine Art Lebensweisheit hinterlassen, die ich einmal so formulieren möchte:
Auf der Reise in die Zukunft muss die katholische Kirche nach vorne schauen. Schaut sie ständig nur in den Rückspiegel, ändert, erneuert und bewegt sie sich nicht, läuft sie in unserer Gesellschaft Gefahr, zum Grab Gottes zu werden.