Ökumenische Glaubensgespräche in einer Senioreneinrichtung
Als ich einige Monate in der Einrichtung für Betreutes Wohnen lebte, wurde ich gefragt, ob ich für die monatlichen Glaubensbespräche zur Verfügung stände. Ich habe gern „Ja“ gesagt. Meine Vorstellung von alten Menschen, die gläubig und praktizierend hier ihren Lebensabend verbringen wollten, hatte sich zu dem Zeitpunkt bereits als viel zu undifferenziert und als Täuschung erwiesen.
Äußere Rahmenbedingungen
Bei dem Seniorencentrum handelt es sich um ein großes Haus in privater Trägerschaft – derzeit ca. 140 Bewohner – Betreutes Wohnen und vollstationäre Pflege. Kirchliche Seelsorge besteht in monatlich je einem evangelischen und einem katholischen (Eucharistiefeier) Gottesdienst.
Teilnehmende an Glaubensgesprächen (beobachtet innerhalb von 4 Jahren)
- unterschiedliche Konfessionen unterschiedlicher Bildung
- unterschiedlichen Alters unterschiedliche (kirchliche) Bindung
- überwiegend Frauen wenig kontinuierlich Teilnehmende (Arzt- und Behandlungstermine, Krankheiten).
Notwendig war also jeweils eine thematisch in sich abgeschlossene Gesprächseinheit.
Wirkliche Gespräche kamen oft nicht zustande. Die Generation hochbetagter Menschen ist es nicht gewohnt, über Glaubensinhalte zu sprechen. Das betrifft hauptsächlich Gruppengespräche. Wie auch in anderen Altersgruppen ist lebendiger Glaube immer auch in Bewegung. Im Alter jedoch verlieren manche Diskussionen ihre Bedeutung. Der Benediktinermönch Fidelis Ruppert bringt es auf den Punkt: „Es geht (im Alter) nicht mehr um das Reden von Gott sondern um die Erfahrung seiner Wirklichkeit.“ So erlebe ich es bei mir und auch bei vielen alten Menschen. So geht es auch in den Glaubensgesprächen wohl um das Wahrnehmen und Aufzeigen von Wegen, wie diese Göttliche Wirklichkeit sich im Leben zeigt. Das geht nicht immer ganz ohne intellektuelle Hilfen, deren Bedeutung ist aber sekundär.
Inhalte
Die Suche nach für diese Zielgruppe geeigneten Themen gestaltete sich schwierig, da auch von interessierten Teilnehmenden selten Themenvorschläge geäußert wurden. Ich selbst hatte den Anspruch sowohl die Lebenswirklichkeit hier und jetzt aber auch die wirklich seelsorglich spirituelle Dimension einzubringen. Es gibt Arbeitshilfen aus dem Generalvikariat, aber für diese Glaubensgespräche fand ich da kaum Hilfen. Für die Einladung zu den Gesprächen wurde immer das Thema vorab veröffentlicht.
Einige der Themen, die vorbereitet und besprochenen wurden
- Hat Gott die Welt erschaffen? – Schöpfung und/oder Entwicklung-
- Wozu Religion?
- Kölner Mönch und Ketzer –Meister Eckhart-
- Die Macht des Wortes – Segen und Fluch-
- Du sollst nicht töten? –Ein Gebot und seine Klippen-
- Das alte Buch – neu gelesen- Am Beispiel: Blindenheilung
- Bilder von Gott – gestern und heute –
- Christsein radikal – Wie leben Mönche und Nonnen –
- Der Zweifel – Lebens- und Glaubenshelfer oder Verhinderer –
- Alles hat seine Zeit – Lebensweisheit aus der Bibel –
- Der heiße Draht nach oben – Hilft das Beten?
- Nichts für Feiglinge – Altwerden – Altsein
- Christen und Juden – Geschwisterkonflikte
- Wenn einer geht – Tod und Trauer –
- Heilige und unheilige Frauen – Beginen und Hexen –
- Christliche Meditation – Mode oder Mystik –
- Alle großen Weltreligionen
Zu jedem Thema der Glaubensgespräche habe ich ein doppelseitig beschriftetes Blatt zu Inhalt (und Verlauf) für die Teilnehmenden erstellt. Das konnte ich auch denen geben, die an der Teilnahme verhindert waren.
Wie geht es weiter?
Seit einem Jahr hab ich gebeten, die Glaubensgespräche in andere Hände zu geben. Ich biete noch die Abendgebete für Bewohner und eine Meditationsmöglichkeit. Meine Nachfolgerin setzt selbstverständlich andere Schwerpunkte. Ich bin gern bereit, von den noch vorhandenen Materialien abzugeben und meine Vorstellungen von Glauben und Seelsorge im Alter zu erläutern.
Text: Edeltraud Nölkensmeier
Bild by Geralt / Pixabay
Zitat Fidelis Ruppert, „Älter werden – weiterwachsen“, Münsterschwarzach 2015, S. 123